Mittwoch, 12. Februar 2014

12 Monate post OP: Rückblick und Fazit

Genau ein Jahr ist es jetzt her, meine GaOP bei Dr. Suporn in Thailand. Zeit für einen Rückblick.
In den letzten Monaten habe ich hier gar nichts mehr gepostet - kein Zeichen, dass ich da keine Lust mehr hatte, sondern es gab schlicht nichts wirklich Interessantes in Hinblick auf die GaOP zu berichten. Also kein schlechtes Zeichen, sondern ein wirklich Gutes. Ein paar andere Dinge bin ich jedoch schuldig geblieben (Brustaufbau und FFS), die werde ich in den kommenden Tagen und Wochen jedoch nachholen.
Jetzt erst mal ist es jedoch ein letztes mal Raum für das Fazit zu meiner GaOP.


Empfindungen beim Rückblick



So schnell das Jahr im Rückblick auch vergangen sein mag, trotzdem war es von vielen Anstrengungen gekennzeichnet, von denen viele auch mit der GaOP und der Nachsorge zu tun haben. Ich erinnere mich an die ersten drei Monate: Drei mal täglich alles richten zum dilaten. 3 Stunden jeden Tag, die zumindest an den Tagen, an denen ich arbeiten war, vorher gar nicht über waren. Gott sei dank war das nicht besonders schmerzhaft, aber es hat den Tagesablauf doch nachhaltig geprägt. Du gehst mit dem Dilator ins Bett und wachst morgens mit ihm wieder auf. Und mittags, damit man nicht aus der Übung kommt, gerade noch einmal. Die persönliche Herausforderung, diesen Rhythmus um jeden Preis beizubehalten um mein gutes Ergebnis auch wirklich halten, ist eine ungeheure Kraftanstrengung. Irgendwie arbeitet man ja gegen die natürlichen Heilungsanstrengungen des Körpers, der bestrebt ist, das "Loch", was da geschaffen wurde, wieder zu schließen. Die Anstrengungen werden alleine dadurch getrieben, dass es endlich so ist, wie es immer schon hätte sein sollen, wie es die Seele vom eigenen Körper erwartet hatte.
Eine wirkliche Herausforderung stellte aber nicht das erste Quartal dar: Das zweite war in unvergleichlicher Weise anstrengender. Die Vorstellung möglichst exakt einen Abstand von 12 Stunden zwischen den Dilatings einzuhalten hat sich sehr sehr schnell als unrealistisch herausgestellt. Bei 9 Stunden täglicher Arbeitszeit und 45 min. Fahrtzeit zur Arbeit (einfacher Weg) bleiben ja nur noch 1,5 Stunden Puffer. Morgens warten aber 3 Kinder darauf zur Schule gebracht zu werden. Und abends kam ich um den ein oder anderen Einkauf gar nicht herum. Das war schlichtweg nicht zu schaffen. Real war der Abstand viel größer und lediglich durch das Schlafen unterbrochen. Der vierte Monat gehörte auch noch zu denen, in denen ich besonders stark gegen die Heilungskräfte an kämpfen musste. Das eigentliche Dilating konnte da schon mal eine gute Dreiviertelstunde dauern. Es ist die Zeit in der die innere Stimme sagt: Halte durch, du schaffst das. Jeden Tag von Neuem.  
Und ja, ich habe das geschafft. Kein Einziges mal habe ich in dieser Zeit ausgelassen. Alle außerberuflichen Verabredungen und Aktivitäten habe ich dem untergeordnet. Und mich gleichzeitig auch noch den Anforderungen meiner Familie gestellt.

Burn out im Juni



Irgendwann ist für jeden Menschen das ganz persönliche Maß erreicht, an dem es nicht mehr geht. Bei mir war es Mitte Juni der Fall. Und es ging gar nichts mehr.
Zu den unverminderten beruflichen Anforderungen kamen auch noch familiäre Anforderungen, die für sich gesehen bereits mehr als möglich gefordert haben. Meine Frau war auch durch meine lange Abwesenheit im Februar und März überlastet und konnte all das Zusätzliche, was da auf uns einschlug, auch nicht alleine bewältigen. Meine Versuche ihr da jetzt möglichst viel abzunehmen endeten schließlich in einem Burn Out.
14. Juni 2013: Nichts geht mehr. Erst mal krank geschrieben ohne ein Ahnung zu haben, wie lange ich denn nun wieder ausfalle. Die Scham, es nicht geschafft zu haben. Mit den letzten inneren Kräften habe ich mir einige Aufgaben und Anforderungen gesucht, die ich bewältigen konnte und die verhindert haben, dass ich vollends abstürze. Morgens die Kinder in die Schule bringen. Meine OP-Nachsorge. Und eine weitere Aufgabe, meist Kleinigkeiten, die ansonsten im Vorbeigehen mit links gingen. Aber jetzt eine ungeheure Anstrengung darstellten.
Im Rückblick wäre es wohl auch ohne meine GaOP zu diesem Burn Out gekommen. Die letzten Jahre waren für mich eine einzige seelische Anstrengung. Das Bemühen alles möglich perfekt zu machen hat das auch nicht vereinfacht. Hinzu kamen dann akut schulische Schwierigkeiten mit den Kindern (die ich nicht ausführen will, vor allem weil sie mit meinem Trans-Sein nichts zu tun haben), die sich nicht einfach beheben ließen und sehr sehr viel Kraft kosteten. All das sind schon Pakete die für sich genommen schon reichen um zu einem Burn Out zu kommen. Meine OP-Nachsorge ist da eher das kleinere Paket gewesen, welches es zu stemmen galt. Aber es kam halt auch noch dazu, und ich wollte hier auch keine Abstriche machen, vor allem weil diese Anstrengungen im Laufe der Zeit ja immer weniger werden sollten.

Das dritte und vierte Quartal post OP



Durch die lange Krankschreibung stellte die weitere Nachsorge keine besondere Anstrengung mehr dar. Einmal täglich Nachsorge läßt sich prima in den Tagesablauf integrieren.
Eine besondere Herausforderung stellte der 5-wöchige Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik dar. Obwohl dort die Unterbringung in einem 2-Bett-Zimmer den Normalfall darstellt wurde mir aufgrund der medizinischen Indikation (!) ein Ein-Bett-Zimmer zugewiesen. Dadurch stellte die lückenlose weitere Nachsorge auch dort kein Problem mehr dar.
Im Dezember dann durfte ich erstmals im Zuge meines Brustaufbaus ein Doppelzimmer im Krankenhaus ausprobieren. Die Nachsorge habe ich da erstmals seit Februar für ein paar Tage unterbrochen. Fazit: Das stellte kein wirkliches Problem mehr dar. Allenfalls bei der ersten Nachsorge nach meiner Rückkehr nach Hause brauchte ich ein paar Minuten mehr Zeit.
Im Januar habe ich auch begonnen mit einem dickeren Dilator statisch "nachzudehnen". Nicht in der Tiefe, sondern alleine den doch sehr engen Eingang der Neovagina. Das Teil hat einen Durchmesser von 5 cm und ist so gerade noch einzuführen - anfangs durchaus mit größeren Schwierigkeiten. Der Erfolg nach wenigen Tagen war, dass der normale Dilator von Suporn jetzt praktisch einfach so "rein flutscht".

Nach einem Jahr ist es nicht so, dass die Nachsorge einfach komplett eingestellt werden kann. Es kann aber weiter reduziert werden. Ich selbst werde es wohl im Moment so halten, dass ich normalerweise bei der täglichen Nachsorge bleibe, aber wann immer ich es brauche oder bequem finde (Besuche bei Freunden etc.) ohne Stress ein oder mehrere Tage aussetze. Das gibt mir mehr Flexibilität als wenn ich bei einem festen Raster (beispielsweise alle 5 Tage oder Montags und Donnerstags oder so) bleibe. Bislang lässt sich das so hervorragend in meinen Lebensrhythmus integrieren.

Gesamtfazit


Ganz einfach.  Wenn ich noch mal vor der Wahl stehen würde: Ich würde mich jederzeit wieder für die Operation bei Suporn entscheiden. Alles was ich davon erwartet habe hat sich für mich auch realisieren lassen. Eine Nach-OP ist nicht notwendig. Und rückblickend ist das entstandene Lebensgefühl ein ganz anderes. Die anatomische Veränderung entsprach von Anfang an dem eigenen inneren Bild. Mit dem Abklingen der postoperativen Folgen (Schmerzen, Schwellungen etc.) stellt das Ergebnis für mich eine Normalität dar, wie ich sie mir vorher kaum hatte vorstellen können.



1 Kommentar:

  1. Hallo Sandra,

    Ganz ganz toll dass es dir so gut gelungen ist dein OP Ergebnis zu erhalten und die Nachsorgezeit "gut" zu überstehen.
    Ich plane ebenfalls zu Dr. Suporn zu gehen und hoffe dass ich es auf Sommer oder Herbst dieses Jahr realisieren kann.

    Ganz herzlichen Glückwunsch - ich wartete schon lange darauf von dir zu lesen wie es dir weiter ergangen ist. Schön zu lesen, wie schnell dann die veränderte, neue Körperlichkeit schnell zur Normalität wird und das wahre Leben nun endlich beginnen kann. Dazu wünsche ich idr und deiner Familie alles Gute und erfolgreiches Gelingen.

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